H2Global – Der Test für den Hochlauf

Gastbeitrag von Dr. Kirsten Westphal, Executive Director Analysis & Research der H2 Global Stiftung

H2Global hat ambitionierte Ziele. Bereits Mitte dieses Jahres sollen die ersten Auktionen durchgeführt werden, um grüne Wasserstoffderivate zeitnah zu importieren.

Das Instrument H2Global wurde federführend von Timo Bollerhey und Markus Exenberger 2020 entwickelt. Zentral ist die HINT.Co GmbH, deren Gesellschaftsanteile von der H2Global Stiftung gehalten werden. Dieser Intermediär ist ein temporäres Instrument. Häufig als Händler (miss)verstanden, ist die HINT.Co darauf ausgelegt, vom ersten Tag an Verluste zu machen, da sie ein grünes Produkt zunächst teuer einkauft und voraussichtlich zu günstigeren Preisen weiter veräußern wird. Ihr Ziel ist es, ihre Tätigkeit einzustellen, wenn der Markt funktioniert.

Ursprünglich war der Intermediär als eine staatliche Gesellschaft geplant, was vermutlich die Umsetzung erleichtert hätte. Allerdings signalisierte die Bundesregierung bereits in einer frühen Phase, dass eine privatwirtschaftliche Umsetzung gewünscht sei. Deswegen wurde die gemeinnützige H2Global Stiftung geschaffen, die von namhaften deutschen, europäischen und internationalen Unternehmen getragen wird und in deren Kuratorium die wichtigen Bundesministerien vertreten sind. Aus dem Bundeshaushalt kommen die Finanzmittel für den Differenz-Ausgleich, während die Stifter die Kosten der Umsetzung über die gemeinnützige H2Global Stiftung tragen sollen.

H2Global wurde Ende des Jahres 2021 von der EU-Kommission notifiziert und hat vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) eine erste Zuwendung von 900 Millionen Euro erhalten. Ziel der ersten Auktionen ist es, zeitnah und effektiv grüne Wasserstoffderivate auf den internationalen Märkten für Deutschland bzw. den nordwesteuropäischen Markt einzukaufen.

Die HINT.Co schließt angebotsseitig langfristige Abnahmeverträge und nachfrageseitig kurzfristige Verkaufsverträge ab. Sie fungiert als solventer Abnehmer, da hinter dem Ankaufverfahren die Zuwendungsmittel des BMWK stehen. Die Preisfindung erfolgt an- und verkaufsseitig über ein wettbewerbsbasiertes Bieterverfahren (siehe Abbildung). H2Global ist in seiner Funktionsweise markt- und wettbewerbsbasiert.

H2Global ist konzipiert, um ein Geschäftsmodell über die gesamte Lieferkette zu schaffen. Indem es sich zwischen Angebot und Nachfrage setzt und als physischer Intermediär funktioniert, nimmt es das Preis-, Markt-, Kontrahenten- und das regulatorische Risiko aus den Transaktionen heraus. Die Leitidee hinter H2Global ist also nicht nur die beschleunigte Umsetzung konkreter Projekte und Logistik, sondern auch die Schaffung erster Handels- und Marktstrukturen. Indem es transparente Preissignale, Standards und Kriterien setzt, ermöglicht es auch, erste Markteintrittsbarrieren zu senken und ein Spielfeld mit allgemein gültigen Regeln zu etablieren.

Die Marktkonsultationen und Auktionen, die Mitte 2022 starten sollen, haben Vertragsschlüsse mit ersten Lieferungen 2024/2025 zum Ziel. Das geographische Lieferdreieck liegt in Nordwesteuropa, begrenzt durch die Häfen Rostock, Hamburg, Rotterdam, Antwerpen und Duisburg. Hier konzentriert sich die Industrie (vgl. IEA: Hydrogen in North-Western Europe).

Die Ziele sind hoch ambitioniert. H2Global wird in den ersten drei Runden sehen, wieviel Mengen an grünem Ammoniak, Methanol und Jetfuel es für EUR 900 Mio einkaufen kann (vgl. Zuwendungsbescheid und Anlagen des BMWK). Die HINT.Co wird dabei nur so viel Mittel aus dem Zuwendungsbescheid abrufen, wie zum Ausgleich der tatsächlich anfallenden Differenzkosten zwischen Ankaufskontrakten und den Erlösen aus den nachgelagerten Verkaufsauktionen benötigt werden. Insofern ist das Instrument nicht nur in Finanzvolumina und Frist begrenzt, sondern stellt ebenfalls ein sehr effizientes Konzept aus Sicht des Steuerzahlers. Die Fristendivergenz zwischen den langfristigen Ankaufs- und kurzfristigen Verkaufsverträgen ermöglicht perspektivisch, dass die Differenzkosten im Verlauf des Förderzeitraums im Falle steigender Nachfragepreise für grünen Wasserstoffderivate sinken werden.

Die für die Jahresmitte 2022 anstehenden Ankaufsauktionen werden zeigen, wo die Unternehmen, die Technologien und die Lieferketten in der Ausgestaltung stehen, welche Preise aufgerufen werden und wer zu strengen grünen Kriterien und Qualitätsstandards als first mover bereit ist, mitzubieten. Da auch in zehn Jahren die angekauften Produkte als grün gelten sollen, ist zu erwarten, dass der Zuwendungsgeber eher strenge Kriterien anlegen wird (vgl. Zuwendungsbescheid und Anlagen des BMWK).

H2Global zielt darauf ab, dass grüne Projekte, die sich skalieren lassen, jetzt schnell eine finale Investitionsentscheidung bekommen. Es nutzt damit erstens dem Technologiehochlauf und hilft zweitens dabei, den noch nicht existenten Markt zu schaffen. H2Global hofft zu zwei öffentlichen Gütern beizutragen: dem Klimaschutz und der Schaffung eines regelbasierten Marktes.

In jedem Fall werden die Auktions- und Konsultationsverfahren wichtige Aufschlüsse darüber liefern, wer überhaupt bei strengen Kriterien und ambitioniertem Zeitrahmen mitbieten kann. Darüber hinaus werden bei erfolgreichem Abschluss erste Preissignale generiert und Standards gesetzt, die als Referenz für andere Handelskontrakte dienen können. Das Instrument liefert damit wichtige Einsichten, schafft einen wichtigen Such- und Lernraum für die Unternehmen entlang der Lieferkette, aber auch für die Politik, die die Erkenntnisse nutzen kann, um regulatorisch und fördernd nachzusteuern.

Abschließend sei erwähnt, dass das H2Global Instrument agnostisch und flexibel nach Maßgabe des jeweiligen Zuwendungsgebers einsetzbar ist. Es ist skalierbar und künftige Auktionen können regional anders ausgerichtet und auf andere Produkte und Technologien zielen. Dieses Design erlaubt es, weitere Auktionen nach anderen Kriterien umzusetzen, welche stets vom Zuwendungsgeber definiert werden müssen. Derzeit analysiert die Stiftung, wie das Instrument auf Entwicklungs- und Schwellenländer sowie auf den Import von Wasserstoff ausgelegt werden kann. Zudem ist bereits im Koalitionsvertrag und dem Klimaschutzsofortprogramm der Bunderegierung eine Europäisierung von H2Global verankert. Das Instrument ist als solches nicht nur für den Import von Wasserstoff und seinen Derivaten geeignet, sondern ebenso als binneneuropäisches Markthochlaufmodell.

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